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Öffentliche Gelder für tierschutzwidrige Megafarmen in Drittstaaten

EU-Mitgliedstaaten sind aufgefordert, Kapitalvergaben an Tierschutz-Mindeststandards zu binden

Wien - Viel Geld für großes Leid. Trotz zunehmender öffentlicher Kritik ermöglichen internationale Finanzinstitutionen (IFIs) und Exportkreditagenturen weiterhin riesige industrielle Anlagen zur Schweine- und Hühnerhaltung außerhalb der Europäischen Union. Oftmals erfüllen die Tierhaltungsbedingungen in diesen Betrieben nicht einmal die EU-Mindestanforderungen. Zu diesem Schluss kommt der Bericht ‘International Finance Institutions, Export Credit Agencies and Farm Animal Welfare’ der internationalen Tierschutzorganisation Humane Society International (HSI), der heute präsentiert wird.

‘Bei internationalen Finanzinstitutionen, insbesondere der Weltbankgruppe, handelt es sich um einflussreiche Lenkungskörperschaften, die mit öffentlichen Geldern wirtschaftliche Entwicklungen stimulieren. Als wichtige Anteilseigner sollten die EU-Staaten dafür sorgen, dass tierquälerische Praktiken, die in ihren eigenen Ländern verboten sind, nicht mehr unterstützt werden’, fordert Joanna Swabe, Geschäftsführerin von HSI Europe. ‘Stattdessen sollten die öffentlichen Mittel dazu beitragen, dass der Agrarsektor in Schwellenländern höhere Tierschutzstandards erreicht.’

‘Tierquälerische Massentierhaltung ist nicht nur moralischer, sondern auch ökonomischer Unfug. Tierwohl muss im 21. Jahrhundert bei der Verwendung öffentlicher Mittel verbindliches Kriterium sein’, ergänzt Nicolas Entrup, Konsulent der HSI, bei der Präsentation des Berichtes. Seit 2013 bringt HSI dieses Thema an die Öffentlichkeit und fordert, Mindeststandards der Tierhaltung bei IFIs und Exportkreditagenturen zu verankern.

Schweinezucht: Kein Platz zum Umdrehen

Nyva Pereyaslavshchyny, einer der größten Schweinehalter der Ukraine, erhielt 2014 USD 55 Mio. von der Weltbankgruppe und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. ‘Die Sauen vegetieren ihr ganzes Leben in Kastenständen, in denen sie sich nicht einmal umdrehen können’, kritisiert Swabe. ‘Ebenso grotesk ist es, Systeme zur Käfighaltung von Legehennen mit öffentlichen Geldern jenseits der EU-Grenzen neu zu errichten.’ Die im heute veröffentlichten HSI-Bericht beschriebenen Beispiele reichen von Hühnermastanlagen mit einer Kapazität von 111 Mio. Tieren pro Jahr über Anlagen mit 360.000 Schweinen bis zur Käfighaltung von mehr als 11 Mio. Legehennen.

Nachteile auch für Konsumenten und Bauern

Die kritisierten Investitionspraktiken lassen auch die heimischen Landwirte nicht unberührt. Da für verarbeitete Lebensmittel keine entsprechende Kennzeichnungspflicht besteht, kann der Konsument bei konventionellen eihaltigen Lebensmitteln nicht erkennen, ob diese Eier aus Käfighaltung stammen.

EU-Mitgliedstaaten müssen diese Fehlentwicklung stoppen

Es bedarf nun eines Schulterschlusses auf EU-Ebene. ‘Die Einführung von Tierwohl-Standards im Rahmen der IFIs und eine Abkehr von der gegenwärtigen Praxis der Exportkreditgarantien ist eine Win-Win-Situation für fast alle Betroffenen, also für Tiere, Konsumenten und Landwirte’, sagt Nicolas Entrup. HSI ruft die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, und hier insbesondere auch die österreichische Bundesregierung, dazu auf, sich auf ein entsprechendes gemeinsames Vorgehen in den relevanten Gremien zu einigen.

Aktuell stehen zwei wichtige Entscheidungen bevor:
Bei der Neufassung der Vergabe-Richtlinien der Weltbank (Safeguard Policies) gilt es, die Festschreibung substantieller Tierwohl-Standards als Kriterium für Kapitalvergaben aktiv einzufordern. Dadurch wäre die einmalige Chance gewahrt, das Leid von Milliarden Tieren zu mindern. Aufgrund der Bedeutung der Weltbank-Richtlinien werden positive Veränderungen in diesem Bereich auch andere regionale und internationale Entwicklungsbanken beeinflussen. Die Überarbeitung der Safeguard Policies steht in diesem Halbjahr vor der Finalisierung.

Auch die Richtlinien der OECD für die Vergabe von Exportkreditgarantien sollen in den kommenden Monaten geändert werden. Durch die Einführung von Tierschutzstandards auf EU-Niveau könnte gewährleistet werden, dass die öffentliche Hand nicht mehr für hierzulande verbotene Haltungssysteme einsteht.

GastautorIn: Nicolas Entrup für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /