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Ökostromgesetz: "Marktpreis" +33% in nur 3 Monaten!

Eine Ansichtssache von Dr. Fritz Binder-Krieglstein

Sehr geehrte EnergieinteressentInnen,

gestern hat die E-Control gemäß Ökostromgesetz den ‘Marktpreis’ für das 3. Quartal 2008 vorgelegt. Er liegt bei 8,5 (exakt8,495) Cent/kWh. Dieser Preis spiegelt in etwa den aktuellen Großhandelspreis an den Strombörsen. Der neue Preis ist nicht nur der höchste, der jemals festgelegt worden ist. Vielmehr ist der Sprung vom 2. auf das 3. Quartal 2008 ein noch nie da gewesener Rekordwert, nämlich + 33% innerhalb von nur 3 Monaten!! (+2,12: von 6,38 auf 8,495).

Der ‘Marktpreis’ wird vom verordneten Ökostrom-Einspeisetarif, den die Ökostromproduzenten bekommen, abgezogen. Je höher der ‘Marktpreis ist, umso weniger kostet den Stromkunden die verbleibende Ökostromunterstützung (Förderaufwand), weil die Differenz zum Einspeisetarif abnimmt. Das gilt für alle Ökostromanlagen und deren Einspeisetarife, wie hoch diese auch immer sein mögen. Beim Wind ist der Förderaufwand je kWh Windstrom in fünf Jahren um 95% gefallen.

Beim derzeit gültigen Windstrom-Einspeisetarif von 7,55 Cent/kWh (gemäß geltender Verordnung) oder 7,8 Cent/kWh (nach den Tarifen vor 2007) wird die enorme Bedeutung des neuen Marktpreises von 8,5 Cent klar: Am Markt bekommt man für seinen windproduzierten Strom ab sofort mehr und die Förderung liegt darunter! Da Erdgas, die wesentliche Ressource zur Spitzenstromerzeugung, den Ölpreisanstieg jeweils mit halbjähriger Verzögerung nachvollzieht, werden weitere Strompreissteigerungen folgen (Ölpreis Dez.’07 100$, heute 140$).

Die Förderung für Windstrom muss wegen Kostensteigerungen bei Stahl und Kupfer rasch auf das deutsche Niveau von 9,2 Cent/kWh angehoben werden! Will man jedoch die Windbranche wie bisher in die Wüste schicken, dann stellt man die Förderung ein, indem man den Tarif unter 8 Cent/kWh hält und ‘argumentiert’, dass sich Windstrom ohnehin rechnet und daher keine Unterstützung mehr benötigt. Solange ein Tarif um den Marktpreis pendelt, kann er noch nicht als gesichert günstiger eingestuft werden.

Die Nagelprobe, ob und wie irrational der Gesetzgeber vorgehen wird, kann man an der Mittleren Wasserkraft ablesen. Sie ist nämlich mit dem neuen Marktpreis meilenweit weg von jedem Unterstützungsbedarf. Ob folglich trotzdem Millionen an Investitionsförderungen fließen werden, noch dazu ausschließlich in Projekte von großen EVUs, die in den vergangenen Jahren die größten Gewinne ihrer Firmengeschichte gemacht haben und machen, ist der Lakmustest der Macht der E-Konzerne über Politik, Arbeiterkammer bzw. ÖGB. Letztere sollten den sprichwörtlichen kleinen Mann vertreten, aber stopfen ohne jede ökonomische Not skrupellos das Geld in die Rachen der Reichen Strom-Konzerne. Es geht ja nur um 50 Millionen Euro, die so dem Ausbau des Sonstigen Ökostroms fehlen.

Am 9. Juli soll das Ökostromgesetz durch den Nationalrat. Sehen wir genau hin, was passieren wird! Und stellen wir die (unangenehmen?) Fragen zur Mittleren Wasserkraft an alle, die bei diesen Wegelagerer-Methoden mitmachen. Natürlich gehören aufgrund der (neuen) ‘Marktpreis’-Entwicklung 2008 (bisheriger Durchschnitt: 7,0 Cent/kWh) alle Unterstützungen für Ökostromanlagen mittels Ökostromverordnung im Herbst 2008 kostengerecht festgesetzt, also auf das europäisch übliche Niveau angehoben! Den Konsumenten werden daraus keine Mehrkosten entstehen, weil der Marktpreis klettert und klettert und der Abstand zu den Ökostrom-Einspeisetarifen weiter schrumpft und schrumpft.

Die Energieautonomie nimmt Gestalt an - immer rascher, weil fossil-atomare Energien mittlerweile kostenbedingt zum Fluch geworden sind. Gott sei Dank, denn über Vernunft und Einsicht lernt die Menschheit meist nur wie ein Sonderschüler!

GastautorIn: Dr.Fritz Binder-Krieglstein für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /