Mertert, den 1. April 2014: Nein, die folgenden Zeilen sind kein Aprilscherz! Ebensowenig die Zahlen, die wir ermittelt haben.
Seit etwa anderthalb Jahren hat die Erneuerbare Energienbranche ein überaus wichtiges Etappenziel erreicht: Commercial grid parity.
Dies bedeutet, dass es für Haushalte, aber auch für viele Unternehmen aus Industrie und Gewerbe günstiger geworden ist, einen Teil des von ihnen benötigten Stroms mit Solarkraftwerken selbst zu produzieren und nur noch die übrigen Mengen vom Energieversorger zuzukaufen.
Dabei ist für den Eigenverbrauch, der so ermöglicht wird, immer nur der Strom verwendbar, der zeitgleich zum Verbrauch auch unmittelbar vor Ort durch die Anlage bereit gestellt werden kann.
Dies führt unmittelbar zu einer Anpassung der Anlage bei der Auslegung. Während in der Vergangenheit die Anlagen oft auf eine maximale Dachnutzung und einen optimierten spezifischen Ertrag getrimmt waren, realisiert man heute Anlagen, die sich in Größe und in der zeitlichen Verteilung der Stromerzeugung am Bedarf des Verbrauchers orientieren.
Ein "Einspeisen, was das Zeug hält" ist heute also out.
Mit einer entsprechend angepassten Anlage sind typischerweise Eigenverbrauchsquoten von 50%, 60% oder mehr zu erzielen. Dies bedeutet, dass nur noch geringe Strommengen überhaupt ins Netz eingespeist werden. Ein klassischer Fall für eine solche Überschusseinspeisung ist ein sonniger Sonntag, an dem der Verbrauch beim Gewerbekunden gering ist und die Anlage gute Erträge erzielt. Für diese Strommengen wird die inzwischen massiv gesenkte Einspeisevergütung in Höhe von rund 11 - 12 Ct. / kWh gezahlt. Lastgang eines Verbrauchers und passende Stromerzeugung durch ein Solarkraftwerk
Umgekehrt gibt es natürlich immer noch Zeiten, in denen der Strombedarf nicht vom eigenen Solarkraftwerk gedeckt werden kann. So erzielen Gewerbekunden aufs Jahr betrachtet typischer Weise Autarkiegrade von 30% - 40%. Das bedeutet, der Bezug elektrischer Energie sinkt durch Eigenverbrauch in dieser Größenordnung.
Selbstverständlich variieren diese Zahlen stark in Abhängigkeit des Strombedarfs und der verfügbaren Fläche für die PV.
Bisher kann der Gewerbekunde den Strom, den er zeitgleich zum Verbrauch erzeugt, zu seinen eigenen Gestehungskosten verwenden.
Was kompliziert klingt, kann an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:
Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen benötigt Pappschachteln zur Verpackung seiner Produkte. Diese hat es bisher bei einem Pappschachtelhersteller gekauft.
Nun steigen die Preise für Pappschachteln. Also beschließt der Unternehmer, da günstige Pappschachtelpreise für ihn sehr wichtig sind, einen Teil seiner Pappschachteln selbst zu produzieren. Dazu kauft er eine Maschine und legt los.
Nun muss er nur noch die Pappschachteln zukaufen, die er nicht selbst produzieren kann. Dafür muss er die hohen Preise am Pappschachtelmarkt zahlen. Umgekehrt kann er seine Pappschachteln anderen anbieten, wenn er gerade keine Schachteln für sich selbst benötigt. Die eigenen Pappschachteln hat er natürlich zu den Kosten, die ihm für die Produktion auf der eigenen Maschine entstehen.
Ein Unternehmen trifft ständig ähnliche Entscheidungen: Ist es günstiger für mich, am Markt zu kaufen oder soll ich das, was ich benötige, selbst herstellen.
War dies auch bei Strom aus Eigenerzeugungsanlagen bisher so, so soll damit nun nach Willen der Bundesregierung Schluss sein.
Aber warum?!?
In der Politik wird nun argumentiert, der Unternehmer entziehe sich damit seiner sozialen Verantwortung, da er für den selbst produzierten Strom ja keine EEG-Umlage zahle. Somit würde die Strommenge, auf die die EEG-Umlage erhoben wird, um den selbst produzierten und unmittelbar selbst verbrauchten Stromanteil sinken. Damit stiege die EEG-Umlage für alle, die sie bezahlen müssen.
Dieser Logik ist zunächst nicht zu widersprechen.
Allerdings muss schon zu Beginn festgehalten werden, dass der Gewerbebetrieb ja in der Regel nur zu ca. 30% - 40% "Selbstversorger" ist. Eine steigenede Umlage würde ihn also unmittelbar selbst wieder belasten, da er ja nach wie vor große Anteile seines Strombedarfs am Markt kauft!
Darüber hinaus lohnt der Blick auf die Zahlen.
Jährlich verursacht die EEG-Umlage einen Kostenaufwand von rund 20 Mrd. €. Dem gegenüber steht ein EEG-Umlagepflichtiger Verbrauch von rund 385 TWh Elektrizität [Quelle: Wikipedia ].
Würden wir nun einmal annehmen, dass Unternehmen jährlich 3,5GWp Photovoltaik zubauen würden - das wäre mehr als der gesamte Zubau in 2013 in allen Segmenten des Marktes und damit sicher eine sehr hoch gegriffene Zahl. Und würde dieser hohe Zubau mit durchschnittlich 900kWh / kWp produzieren, so würden 3,15 TWh Solarstrom auf diese Weise produziert. Würden wir nun auch noch annehmen, dass die Eigenverbrauchsquote nicht bei 50% oder 60% sondern sogar - um den "worst case" zu zeigen - bei 75% liegen, so würde die Strommenge, auf die EEG-Umlage gezahlt wird, um 2,4 TWh von 385 TWh auf 382,6 TWh sinken. Dies entspricht einem Rückgang von 0,62%.
In gleichem Maße steigt nun die Belastung für jeden Bürger, der die EEG-Umlage zahlt.
Bei einem durchschnittlichen jährlichen Verbrauch von 1.670 kWh pro Person und einer EEG-Umlage von 6,24 €-Ct. / kWh bedeutet dies einen Anstieg um 0,039 €-Ct. / kWh oder 65 Ct. - im Jahr!
Anders ausgedrückt - die Stromrechnung jedes Privatkunden könnte um 5,4 Ct. im Monat geringer ausfallen, wenn der Eigenverbrauch in voller Höhe mit der EEG-Umlage belastet würde.
Im gleichen Schritt nimmt man jedoch der Wirtschaft ein wichtiges Instrument aus der Hand, sich langfristig etwas unabhängiger von steigenden Strompreisen zu machen!
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen suchen vermehrt solche Ansätze, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und im Markt bestehen zu können.
Wir unterstützen dies mit 5 Ct. im Monat. Ich tue das gerne!
Daher lautet meine klare Forderung an die Politik:
Autor: Peter Schuth
Peter Schuth, 01.04.2014
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