Aber erst ein ganz ordinäres Erdbeben bei Saarbrücken konnte vor einer Woche der deutschen Kohle den Todesstoß versetzen. Man kann sagen, dass jetzt im Saarland ein ganzes Zeitalter in einer Kohlegrube versunken ist.
Die unendliche Geschichte der deutschen Kohleförderung lehrt exemplarisch, dass wir in diesem Land für längst anstehende Strukturreformen viel zu lange brauchen. Die heutige Politik gestaltet nicht mehr, sondern sie reagiert nur noch – in diesem Fall auf ein Erdbeben. Erst jetzt sagt Saarlands Ministerpräsident Peter Müller den erlösenden Satz: “Es ist Schluss mit Kohle.”
Wer die Zukunft verschläft, schafft keine zukunftsfähige Arbeit. Auch die Kumpels haben jetzt gar nichts davon, dass ihnen viel zu lange wider alle Vernunft eine trügerische Hoffnung vermittelt wurde. Im Gegenteil: Sie fühlen sich jetzt erst recht betrogen, denn sie spüren spätestens jetzt, dass sie sich schon lange hätte umschulen sollen. Und ausgerechnet Umweltminister Gabriel will auch in Zukunft noch neue Kohlekraftwerke bauen.
Die Bürger wissen es besser, denn sie haben in den letzten sechs Monaten in diesem Land sieben geplante Kohlkraftwerke gestoppt. Bravo! Ein Riesenerfolg für die Umwelt und für die intelligente Zivilgesellschaft.
Aber die deutsche Politik war und ist gegenwartsversessen und zukunftsvergessen. Doch Lügen schaffen keine Arbeitsplätze. Die spätere Enttäuschung ist umso schmerzhafter.
Computer, Container und Chips werden das 21. Jahrhundert bestimmen, aber ganz sicher nicht mehr die Kohle, der wir vor 50 Jahren noch das klassische deutsche Wirtschaftwunder verdankt haben. Das nächste Wirtschaftswunder wird ein ökologisches sein oder gar keins. Und dabei treten Erneuerbare Energien an die Stelle der alten Kohle.
Die jetzige deutsche Kohlekatastrophe zeigt, dass sich auch mit Milliarden Subventionen ein notwendiger Strukturwandel nicht aufhalten lässt. Doch wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Nur ein Bruchteil des Geldes, das der Staat Jahrzehnte lang in den Kohlegruben versenkte, reicht künftig aus, um den 100%-Umstieg auf Erneuerbare Energien und auf Energieeffizienz zu organisieren. In Europa, so eine Studie der EU, können durch den Umstieg auf Sonne, Windkraft und Wasserkraft, auf Bioenergie und Erdwärme fünf Millionen zukunftsfähiger Arbeitsplätze geschaffen werden. Worauf warten wir eigentlich noch?
Das Erdbeben vom letzten Samstag war – so gesehen – ein Zeichen, für das wir eines Tages dankbar sein können.
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Franz Alt, 01.03.2008
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