Denn nur eine andere Agrarpolitik, eine Landwirtschaft ohne Pestizide und chemische Gifte, kann die früheren Massenarten der Ackerlandschaften vor dem Aussterben bewahren. Die Bundeskanzlerin hat auf der Bonner Konferenz mit Milliarden-Zusagen zur Rettung des Regenwaldes positiv überrascht, aber die Vögel unserer heimischen Felder, Wiesen und Weiden werden dadurch nicht geschützt. Mit Geld allein ist die Artenvielfalt in Europa auch gar nicht zu retten. Wollen wir also bald singen: Sag mir, wo die Vögel sind? Wo sind sie geblieben?
Besonders in Ostdeutschland und in Osteuropa geht durch das Ausbreiten der chemisierten Landwirtschaft die Zahl der Vögel und Vogelarten stark zurück.
Nur eine rasche Verbreitung der Bio-Landwirtschaft könnte das dramatische Vogelsterben noch aufhalten - so wie es die EU zwar theoretisch beschlossen hat, aber in der Praxis vernachlässigt.
Durch den chemisierten Anbau von Biosprit nimmt auch die landwirtschaftliche Brachfläche ab, die bisher noch ein Vogelparadies war und ein Hoffnungsschimmer für Insekten und Pflanzen. Mehr zusammenhängende Naturschutzgebiete, Brachflächen und Ökolandwirtschaft wären die Voraussetzung zur Rettung der europäischen Artenvielfalt.
Immerhin hat die EU inzwischen 26.000 ausgewiesene Naturschutzgebiete. Das sind etwa 20 % der Fläche der EU-Mitgliedstaaten. Das ist keine nostalgische Agraromantik, sondern wichtige Voraussetzung für die Artenvielfalt, welche Grundlage des Lebens überhaupt ist.
Kiebitz, Wiesenpieper und einige Wiesenvögel sind ebenso am Rande des Aussterbens wie viele Strandvogel-Arten. Die Gentechnik, so befürchten Ornithologen, könnte vielen Vogelarten vollends den Rest geben. Denn der gewünschte Effekt der gentechnisch veränderten Pflanzen ist ja gerade, die Bodennutzung noch mehr zu intensivieren.
Hinzu kommen die Auswirkungen des Klimawandels und das dadurch bedingte Ausbreiten der Wüsten, der Regenwaldverlust und die Überweidung der Sudan- und Sahelzone. Mehr Klimaschutz wäre mehr Artenschutz.
Die Bundesregierung hat 2007 zwar ein ambitioniertes Klimaschutzprogramm beschlossen, doch es hapert gerade in diesen Wochen im Bundeskabinett an der Umsetzung der schönen Beschlüsse vom letzten Jahr. Hauptsächlich aus Angst vor den Wählern in Bayern wollen die Regierenden den Autofahreren zum Beispiel nicht mal drei Euro pro Jahr mehr für eine umweltfreundlichere Kfz-Steuern zumuten. Dabei wären die Wähler bereit, etwas für Klima- und Artenschutz zu tun. Politiker wissen zwar, was sie tun, aber sie tun nicht, was sie wissen.
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Franz Alt, 31.05.2008
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